Der Normannenturm
gehӧrt zum ältesten
Kern der befestigten Zitadelle von Milazzo. Unter normannischer Herrschaft erbaut, erninnert er uns in einigen dekorativen Mustern an ein anderes Denkmal, das sich in
der Provinz Messina befindet, und zwar an die kunstvolle und zur gleichen Zeit
erbaute Kirche der Heiligen Petrus und Paulus die man in Casalvecchio Siculo, im Tal des Baches Agrò bewundern kann. Wiedererbaut im Jahre 1172, wie man aus einer
griechischen, noch heute am Eingangsportal leserlichen Inschrift entnehmen kann,
zeigt die Kirche die typischen ineinander verschlungenen Blendarkaden, die die
Architektur der Zeit kennzeichnen sowie die Backsteine mit dem Fischgrätenmotiv, das man auch in Milazzo an
der Spitze des Turmes und auf der Pflasterung der nahegelegenen weg sehen kann,
und die man bei Renovierungsarbeiten in den Jahren 2008-2010 entdeckt hat.
Die sich
abwechselnden rot gebrannten Backsteine und die schwarzen Lavasteine bereichern
die Polychromie der Kirche. Die Lavadekoration schmückt den Turm sowohl an den
Ecken als auch an den eleganten Arkaden in den Innenräumen.
Casalvecchio Siculo, SS. Pietro e Paolo d’Agrò (1172)
Der 17 Meter hohe Turm
steht auf einer breiten Basis aus
festen Lavasteinen, die vielleicht auf die staufische Zeit zurückreicht,
jeder Lavasteinblock trägt den Stempel des Steinmetzers, der ihn
bearbeitet hat, er diente zur Erkennung
und Bewertung der geleisteten
Arbeit der verschiedenen Belegschaften, die an der Baustelle beschäftigt waren.
Der Turm gehӧrt
zu den sehr seltenen Zeugnissen der normannischen Kunst in Milazzo; aus dieser
Zeit stamen einige Münzen, die man in der befestigten Zitadelle in den Jahren 2003 bis 2006 gefunden hat,
einige davon beweisen den starken Einfluss
der arabischen Bevӧlkerung und Kultur im damaligen multiethnischen Sizilien. Darunter der Trifollaro von Roger dem Ersten, geprägt in der Münzprägestätte der Stadt
Mileto in Kalabrien in den
Jahren zwischen 1072 und 1101, und ein
Bruchteil von Follaro mit
arabischer Inschrift geprägt in
Messina im Jahre 1138 (islamisches Datum
533) unter der Herrschaft von Roger dem Zweiten. Diese letzte Münze stellt die Büste Christi dar und
trägt die verkürzte griechische Inschrift «IC XC» (d.h. Jesus Christus) und
zeigt auf der Rückseite folgende arabische Inschrift, die übersetzt lautet «Auf
Befehl des Kӧnigs Roger des Zweiten , des Prächtigen, stark durch Gottes Hilfe -
533».
Normannischer Turm: Backsteindekoration mit dem Fischgrätenmotiv
Normannischer Turm
Stempel der
Steinmetzer auf den Lavasteinblӧcken
die
die Basis des Turmes bilden:
Normannischer Turm - Pflasterung der nahegelegenen weg:
In alto: Trifollaro, Mileto mint, struck 1098-1101. Obv: knight on horseback «ROGERIVS COMES». Rev: seated Virgin and child «Maria Mater D[omi]ni
In basso: Follaro, Messina mint, 1138 AD; AH 533. Obv: facing bust of Christ «IC - XC». Rev: «al–malik al–mu'azzam Rujj?r al-mu'tazz bi–ll?h 533» in four lines. Kufische Legende in 4 Zeilen. Rs: Nimbierte Büste Christi von vorn zwischen «IC - XC»
Tabula Rogeriana
Roger der
Zweite liebte die islamische Kultur und Kunst. Es ist kein Zufall, dass er an seinen Hof einen der bedeutendsten
Geister der arabischen Welt berief, den Geographen und Reisenden Edrisi oder Al Idrisi. Man vermutet, dass er
1138 seinen Dienst am normannischen Kӧnigshof aufnahm.
Der Kӧnig deckte die Kosten für seine Forschungen, die eine neue Weltkarte
umreissen sollten (die berühmte Charta
oder Tabula Rogeriana des Jahres
1154), die auch noch durch eine umfangreiche Handschrift ergänzt wurde (genannt
Buch des Kӧnigs Roger), worin Edrisi
auch Milazzo (Milas) beschrieb, seine
Burg und sein Vorgebirge. Er erwähnte
auch den bedeutenden Export an Leinen bester Sorte und die besonders
umfangreichen Thunfischnetze und die entsprechenden Verarbeitungsanlagen. Er sagte : «eine der anmutigsten,
reizvollsten Ortschaften, die den grӧsseren
Städten gleichkommt in Bezug auf Anpflanzungen, Geschäfte, kleine Betriebe, Märkte
und Vergnügungsanstalten».
Roger II (1095-1154), king of Sicily. Mosaic in the Martorana, Palermo
Muḥammad ibn Muḥammad al-Šarīf Abū ʿAbd Allâh al Idrīsī (1100?-1165?)
Nuzhat al-muštāq fī iḫtirāq al-āfāq (Bibliothèque nationale de France)